DOTM Feature #07 | Florian Sanden – Metal & Musikverein

Zu diesem Interview verlosen wir die aktuelle, The Prophecy23-CD „Green Machine Laser Beam“ – mehr dazu auf unserer Facebook Seite! 


Jazzer tragen angeblich Nickelbrille und schwarze Rollkragen-Pullis… Metal-Drummer haben lange Haare und der Hauptteil ihrer schlagzeugerischen Tätigkeit besteht aus Double-Bass in wahnwitzigen Tempi… – könnte man wohl endlos so fortführen… naja, wahrscheinlich existieren für so ziemlich alle musikalischen Richtungen irgendwelche unsinnigen Klischees… 


Aber doch mal ehrlich…  einen Metal-Drummer, der zum Ausgleich bergsteigt, im Orchester diszipliniert die Kesselpauken bedient und der am liebsten „übersichtliche“ 5-Piece-Drum-Set´s spielt findet man dennoch sicher nicht allzu oft.  Als ich 2002 einen Anruf bekam, ob vielleicht einer meiner Schüler gerne in einer Metal-Band spielen möchte, dachte noch keiner daran, dass sich aus dieser „Schülerband“  eine eigenständige Metalband formt, die sich mit ihrem „Comic-Image“ und der „Mosh-Trash-Action“ nicht nur ein solides Standing in der Szene erarbeitet hat, sondern auch seit Jahren Stammgast auf den angesagtesten Metal-Festivals ist. Florian Sanden bedient seit 10 Jahren die Drums bei „The Prophecy23“ – Inspiration holt er sich im Rock, Pop, Jazz oder  bei der Blasmusik… und wenn das so manchem Freak die Stirn runzeln lässt, ist das für Florian ganz normal… – nicht weil ihm das irgend ein „Drum-Guru“ empfohlen hat, sondern weil er zu seinen Roots steht und er einfach Spaß daran hat, aber lest selbst… 

Name: Florian Sanden

Jahrgang: 1986
Lebt in: Bad Friedrichshall
Freizeit: Mountain Biken, Bergsteigen, Badminton
Favorite Food: Wild mit Knödeln und/oder Spätzle
Favorite Film: Jennerwein
Deine erste CD: Status Quo – Rockin’ all over the world
Favorite Book: Thomas Grasberger – Grant
Favorite Drum-Book: Drummer´s Realbook von Thomas Zimmermann
Erstes Drum-Kit: Pearl EX/ELX
Dein Motto: Du willst was Großes machen, dann musst du was Großes hergeben.


Florian, erzähl mal, seit wann spielst Du Schlagzeug? Ein frühes Schicksal hat mich zum Schlagzeug gebracht, als ich als Kleinkind in einem Kaufhaus meinen Eltern davongelaufen bin und ich nach langer Suche in der Musikabteilung beim Schlagzeug wieder gefunden wurde. Ich ließ wohl so lange nicht ab, bis ich nach der Blechtrommel zu Weihnachten und einem Kinderschlagzeug dann auch Unterricht bekommen habe.


..und warum genau das Drum-Set? Im großen Bereich Schlagzeug fühle ich mich, neben den Pauken, am Drum-Set am wohlsten. Das kommt einerseits davon, dass es in den meisten Bands und Orchestern unumgänglich ist, aufs Drum-Set zu verzichten – vor allem, wenn es nur einen Schlagzeuger gibt, andererseits bietet das Set die Möglichkeit, eben viele Musikstile umfangreich zu leiten und zu begleiten. Es macht aber auch irrsinnig viel Spaß, mit mehreren Schlagzeugern in der ganzen Bandbreite des Schlagwerkes in einem sinfonischem Orchester zu spielen.

Was fasziniert Dich am Schlagzeug spielen? Von der 1-Mann-Kombo bis zum großen Orchester ist das Schlagzeug das führende Instrumente in Sachen Rhythmik und Groove. In einer Band/einem Orchester viele musikalische Individuen zusammenzuführen und zu leiten, das macht für mich das Schlagzeug spielen aus.

Du spielst bei „The Prophecy23“ ja bei einem sehr bekannten Act, wie kam es dazu? Wir haben uns 2002 über unsere Gitarren- und Schlagzeuglehrer gefunden. Zuvor spielte ich bereits in einigen Bands, mit – aus heutiger Sicht – weitaus weniger Bühnenleben. Der Kontakt entstand zu der Zeit, als die New Metal-Welle boomte. Aus der Rockprägung durch meinen Vater nahm ich dieses Sprungbrett damals zum mehr klassischen Metal. TheProphecy23 hat sich in den letzten zehn Jahren stilistisch stetig weiterentwickelt und steht heute für MOSH-THRASH-ACTION. Die Mischung aus anspruchsvollem Drumming und Spaß auf und vor der Bühne ist das Reizvolle an der Band. Zu der Reflexion unserer Bandgeschichte laden wir euch ein, am 09./10. November zu unserer 10-Jahres-Jubiläums-Show auf das Blast Of Eternity nach Neckarsulm zu kommen.

Gab es ein Gig-Highlight mit TP23? Nach unzähligen deutschland- und europaweiten Gigs gibt es viele Geschichten über Gigs, Backstagepartys und durchgemachten Nächten. Mit Sicherheit ist der Auftritt auf dem Wacken:Open:Air 2011 das unangefochtene Highlight mit TheProphecy23. Die Gesamtorganisation im Vorfeld sowie während des Festivals und speziell die Zeit vor, während und nach dem Gig ist hinsichtlich unseren bisherigen Erlebnissen gigantisch. Dieses Jahr ist für mich bisher der Gig in Berlin als Support von Municipal Waste hervorzuheben. 22 Stunden Reise, 12 Stunden Autofahrt, 9,5 Stunden Warten für 30 Minuten Mosh-Thrash-Action, und am nächsten Tag in Heilbronn wieder gearbeitet – das macht was her.

Wie habt ihr euch euer Standing in der Szene erarbeitet? Wir haben in den letzten 2-3 Jahren richtig Gas gegeben und unseren eigenen Stil kreiert, der sich vom Standard-Metal-Klischee durch seine eher humorvollen Texte und unserem „Comic“-Image abhebt. Von Leuten aus dem „Business“ hört man oft, dass es sehr wichtig ist, ein Alleinstellungsmerkmal als Band zu haben. Entdeckt wurden wir von unserem Plattenlabel auf einer unserer Live-Shows. Für unser Debüt-Album „To The Pit“ haben wir dann sehr gute Kritiken aus der internationalen Fachpresse bekommen, was uns die Türe zu großen Festivals wie z.B. dem Wacken Open Air geöffnet hat. So nehmen die Dinge ihren Lauf. Mittlerweile haben wir eine Booking Agentur, die uns Einzelshows, Touren und Festival Auftritte organisiert. Wichtig ist, dass alle in der Band immer Vollgas geben; es steckt viel mehr hinter einer erfolgreichen Band als „nur“ die Musik. Man muss jede Menge organisieren und auch mal jahrelang für einen Kasten Bier in Jugendhäusern spielen. Wer dazu nicht bereit ist, wird zu nichts kommen. 

Ihr habt aktuell euer neuer Album „Green Machine Laser Beam“ rausgebracht. Wie geht ihr an so ein Projekt ran? In unseren Anfangstagen haben wir fast nur Coversongs von Iron Maiden, Metallica, Slayer usw. gespielt. Aus jetziger Sicht war das vielleicht Zeitverschwendung, aber es hat uns als Band musikalisch dennoch viel gebracht, weil wir so das Zusammenspiel gut lernen könnten – wir waren 15 Jahre alt und hatten noch wenig Banderfahrung. Heute gehen wir sehr strukturiert vor beim Songwriting. Entweder habe ich eine Idee am Schlagzeug und die Gitarristen überlegen sich darauf Riffs oder es ist umgekehrt. Als erstes steht bei uns aber immer der Songtitel und die Idee für die Lyrics. Das ist vielleicht nicht ganz üblich aber so können wir mit unseren musikalischen Ideen auf den Inhalt der Lyrics eingehen oder uns von den Lyrics inspirieren lassen. 

Wie gehst Du dann im Studio vor? Im Studio werden zuerst die Drums eingespielt, da die Songs zum Zeitpunkt in dem wir ins Studio gehen schon weitestgehend komplett sind. Zur Vorbereitung wird nach abgeschlossenem Songwriting viel gemeinsam und einzeln auf Click geprobt.

Spielst Du auch Live mit Click? Auf der Bühne spiele ich ohne Click. Kritiker meinen vielleicht, dass man dadurch untight spielt. Wir bevorzugen es jedoch live auf die Stimmung im Publikum und auf der Bühne eingehen zu können. D.h. bewusst während eines Songs bei Rhythmuswechseln das Tempo variieren zu können.

Gibt es Drummer die Dich beeinflusst haben? Ich achte gerne auf Schlagzeuger anderer Musikstile und nehme Parts und Grooves auf, die mir gefallen und versuche den Stil dann unbemerkt in die Musik von TP23 einfließen zu lassen.

Welcher Drummer hat Dich zuletzt „geflasht“? Populistische Aktionen wie das rotierende Set von Joey Jordison sorgen natürlich für Staunen. Für mich ist es grundsätzlich beeindruckend, wenn der Drummer die Band im Griff hat. D.h. z.B. bei unvorhersehbaren „Bühnenpannen“ die Band zusammenhält und wieder in die richtige Spur bringt.

Was oder wie übst Du? Der Hauptbestandteil beim Üben ist von TP23 beeinflusst. Die Koordination zwischen Händen und Füßen spielt eine große Rolle. Neue Gedanken spiele ich langsam an, um mir den Ablauf einzuprägen und die Klangfolge aufzunehmen. Nach und nach nähere ich mich so dem gewünschten Tempo. 

…hast Du in diesem Zusammenhang einen besonderen Übe-Tipp? Der altehrwürdige Paradiddle in all seinen Variationen, mit Händen und Füßen gespielt, auf dem ganzen Set angewandt, stellt immer wieder neue Herausforderungen dar. Den kriegt man nicht tot. 😉 Das zu üben fördert die Unabhängigkeit von Händen und Füßen.

Was hörst Du für Musik in der Freizeit – ist die auch „Metal-dominiert“? Ich lasse mich gerne von anderen Musikstilen inspirieren. Bis auf extremen Freestyle taugt mir so ziemlich alles. Ob Metal, Hardcore, Rock, Pop, Jazz, HipHop, Blasmusik, klassische oder gar elektronische Musik. Es ist faszinierend die richtige Tonlage, den richtigen Rhythmus und den passenden Songablauf zu komponieren, damit der Song ankommt. In Sachen Groove stehe ich auf „auf den Punkt“ gespielte Sachen. Nehme dazu gerne Dreierverschiebungen und Synkopen um für Abwechslung und manchmal auch Verwirrung zu sorgen.

Was sollte aus Deiner Sicht ein Drummer haben, um als Musiker Erfolg zu haben? Ein großes Auto, kräftige Arme, schnelles Aufbau-Vermögen, Geduld gegenüber anderen Musikern und natürlich Taktgefühl, Dynamik- und Songstrukturverständnis, ein breitgefächertes Genrespektrum sowie Rhythmik, Groove und Flow.

Stand es schon mal zur Debatte, die Musik zum Beruf zu machen? Wenn man von Musik leben möchte, muss man auch immer musikalische Kompromisse eingehen. Für mich ist Musik Kunst und ich möchte mich nicht verbiegen, nur um mehr CDs zu verkaufen. Wir leben nicht VON der Musik, sondern FÜR die Musik. Wir standen schon öfters vor der Entscheidung über Schritte, die uns auf das nächste Level bringen. Leider hatten auch wir da negative Erlebnisse, dass Vereinbarungen und Zusagen nicht eingehalten wurden. Umso glücklicher sind wir in der jetzigen Situation mit Massacre Records und Rodeostar Booking zuverlässige Partner zu haben.


Hast Du derzeit noch andere Projekte? Neben TheProphecy23 spiele ich im heimatlichen Musikverein, in dem ich die ersten Schritte als Schlagzeuger gemacht habe. Ansonsten helfe ich immer wieder auch bei anderen Bands und Orchestern als Ersatzmusiker aus. Da liegt der Reiz darin, mit wenigen oder ohne Proben aufzutreten. Ein festes Nebenprojekt ist aus zeitlichen Gründen nicht möglich. Die Konzentration ist voll auf TP23 gerichtet.

Equipment-Talk: Der Grundstandard eines Sets sollte erfüllt werden. D.h. alle Ständer/Toms müssen eingestellt und fixiert werden können, die Bassdrum muss felsenfest stehen. Mein Equipment ist größtenteils auf die Musik von TP23 abgestimmt. Ich persönlich finde „weniger ist mehr“. Einen Aufbau mit 2+ Bassdrums, 5+ Toms, 8+ Becken, etc. ist für mich nicht erforderlich. Muss ja alles getragen werden. 😉

Wie gehst Du damit um, wenn die Backline/bzw. das Drum-Set schon steht? Ein unbekanntes Drumset ist meistens eine Herausforderung. Selbst wenn der  optische Aufbau des Sets derselbe ist wie dein eigener – die Bewegungsabläufe müssen trotzdem im Detail angepasst werden. Oftmals machen wir bei den Gigs nur Linechecks, d.h. man hat ca. 5 Minuten Zeit sich auf das Set einzustellen. Dann gehe ich die wichtigsten Bewegungen durch und ändere sie auf das vorhandene Drumset entsprechend ab.

Deine Set:  Pearl ELX 12“ Tom, 13“ Tom, 16“ Standtom, 22“ Bassdrum, 14“ Snare Master Custom

Becken: Paiste: 16“ China, 16“ Crash, 18“ Crash, 22“ Bell-Ride; Sabian: 19“ China, Anatolian: 14” Hi-Hat, Stagg: 7” Bell

Sticks: Agner: Rock; Vic Virth: 5A, 5A Extreme

Setaufbau: Zentrale Bassdrum – darüber zwei Tom-Toms – mittig darüber die Bell -Standtom rechts – Crashes über den Tom-Toms – tiefliegende Ride – links und rechts außen Chinas – Snaredrum und HiHat standardmäßig

Was hast Du Dir zuletzt fürs Drumkit gekauft?: 

Paiste 16“ China

Ready. Set. Groove!